Markus Föhrweißer ist Mitbegründer und Ehrendirigent des Westfälischen Kammerchores und war 37 Jahre sein Leiter. Er hat in Münster Klavier, Gesang und Musiktheorie studiert. Nach mehreren Jahren Dozententätigkeit an der Musikhochschule in Münster war er von 1983 bis 2016 Leiter der Kreismusikschule Ostholstein. Beim 2. Deutschen Chorwettbewerb 1985 in Hannover erhielt er einen Förderpreis des Deutschen Musikrates.
Interview mit Markus Föhrweißer
Der Westfälische Kammerchor Münster, 1978 gegründet und seitdem von Markus Föhrweißer musikalisch geführt, tritt am 8. November 2015 ein letztes Mal unter seiner Leitung auf. In diesem Interview spricht Föhrweißer, der am 3. Oktober 65 Jahre alt wurde und im März 2016 auch seine Berufstätigkeit als Leiter der Kreismusikschule Ostholstein beenden wird, über seine Chorarbeit.
38 Jahre Chorleiter, über 400 Konzerte, diverse Auftritte bei über ein Dutzend Chorreisen in Europa und den USA, zuletzt 2014 in der Türkei – was klingt aus all diesen Erfahrungen jetzt am stärksten in Ihnen nach?
Dass mir die Gelegenheit geboten wurde, mehr als mein halbes Leben lang mit zum Teil denselben Menschen musikalische Erlebnisse und Erfolge sei es in Konzerten, bei Wettbewerben oder auf Konzertreisen erlebt zu haben.
Was war Ihr Motor, der persönliche Antrieb, der Sie, nur als ein Beispiel für Ihr kontinuierlich großes Engagement, über diese lange Zeit monatlich für ein Probenwochenende über 350 km aus Eutin nach Münster hat reisen lassen?
Mit ebenfalls außerordentlich stark motivierten Musikern entsprechend gute Musik zu machen.
Was oder wer hat Sie vor gut 40 Jahren zur Chormusik geführt?
Zum einen das eigene Chorsingen, zum anderen der Chorleiter der Musikhochschule in Münster, Prof. Friedrich Wilhelm Kröger.
Bei wem und wo haben Sie sich Inspirationen für Ihre Chorarbeit geholt?
In Meisterklassen bei der Lichtgestalt der Chormusik, dem schwedischen Chorleiter Eric Ericson, und natürlich bei Chorsymposien oder Chorfestivals.
Im Repertoire des Westfälischen Kammerchors spielen Werke nordeuropäischer Komponisten wie Stenhammar, Alfven, Rautavaara oder auch Pärt eine tragende Rolle. Woran liegt das?
Auf der einen Seite geht der Stammbaum meiner Vorfahren bis zum 30-jährigen Krieg nach Schweden zurück, auf der anderen Seite liegt mir die Natur Skandinaviens, die sich in ihrer guten Chormusik widerspiegelt, sehr nahe.
Was gibt für Sie den Ausschlag, um eine Komposition in ein Konzertprogramm aufzunehmen?
Sie muss einfach gut sein. Natürlich bleibt »gut« dabei immer sehr subjektiv. Für mich gibt es aber auch objektive Kriterien: Stücke, die ich auswähle, sollten für einen A-cappella-Chor komponiert sein und dem Naturell des Chores entsprechen – uns liegt besonders romantische und moderne Musik.
Sie haben oft zeitgenössische Stücke interpretiert, teilweise auch uraufgeführt (z.B. Knaifel in der Reihe Maschine und Musik). Wie haben Sie die Reaktionen des Publikums darauf empfunden?
Gute Musik gut interpretiert hat beim Publikum immer eine Chance, das ist überall der Fall, auch in Münster.
Werden einige dieser Werke Bestand in der Chorliteratur haben?
Wie in der Mode existiert auch in der Musik ein Mainstream, dem viele Akteure folgen, aber auch wieder verlassen.
Zu den Glanzstücken des Westfälischen Kammerchors zählen Volkslieder, ob schlicht mundartlich gehalten oder veredelt von Brahms. Erklären Sie bitte Ihre Vorliebe dafür.
Musikalischer Ausdruck kann aus meiner Sicht am bestem am Volkslied geübt werden und die Beschäftigung mit ihnen verleiht mir immer eine »musikalische Erdung«.
Bass oder Sopran, für welche Stimmlage haben Sie eine Vorliebe?
Ich selber singe in der Baritonlage, deswegen mag ich die »dunkleren« Töne im vokalen und instrumentalen Bereich lieber als die »hohen«, das betrifft im Übrigen auch die »leisen« Töne.
Bei welcher Chormusik schalten Sie das Radio ab?
Beim sonntäglichen Morgenchoral um 6 Uhr im Bette liegend.
Welche Chormusik macht Sie schwach?
Vielleicht Aftonen, ein Abendlied von Hugo Alfvén.
Welches Lied hat der Chor am häufigsten gesungen? Und welches einmal und nie wieder?
Ich glaube, dass ist das Volkslied Erlaube mir von Johannes Brahms. Wenn ich dagegen vor dem Chor das ABC auf Flügeln von Franz Ludwig erwähne, streikt der Chor sofort.
Mehr als 60 Konzerte gab der Chor in Münster. Welches davon war für Sie der Höhepunkt?
Ein Höhepunkt war bestimmt die Präsentation unserer CD Europäische Chormusik bei einem Konzert im Landesmuseum Münster, wo ja auch mein Abschiedskonzert am 8. November stattfinden wird.
Was schätzen Sie am Publikum in Münster?
Münster war und ist für mich immer ein Stück Heimat, das spiegelt sich auch in den Reaktionen beim Publikum wider.
Wie geht es nach Ihrem Abschied weiter mit dem Chor?
Inna Batyuk, die Direktorin des Theaterchores des Theater Münster, die auch Sängerin unseres Chores ist, wird diese reizvolle Aufgabe übernehmen.
Und was machen Sie musikalisch, wenn Sie im März 2016 auch die Leitung der Kreismusikschule Ostholstein abgeben und Rentner werden?
In Ruhe Klavier üben und mich auf musikalische Projekte und Begegnungen mit interessanten Musikern freuen.
Welche Wünsche hegen Sie dafür?
Irgendwann die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach dirigieren.
Letzte Frage, verbunden mit der Hoffnung dass dieses Thema noch lange fern bleibt: Welche Chormusik sollte zu Ihrer Beerdigung klingen?
Das Erbarme Dich aus besagter Matthäuspassion von Bach.
Das Interview mit Markus Föhrweißer führte der Eutiner Journalist Hartmut Buhmann am 22. Oktober 2015.